Die Geschichte der Arbeiterwohlfahrt in der ehemaligen Bergbaugemeinde Merkstein ist bis zum Jahr 1973 niedergeschrieben in einer Broschüre, die der Ortsverein damals zum 50jährigen Jubiläum herausgab. Es ist die Zeit von der Gründung der Merksteiner Arbeiterwohlfahrt im Jahr 1923 an. Die Chronisten haben die Entwicklung des Ortsvereins in seinen ersten 50 Jahren, also bis 1973, festgehalten. Den vollständigen historischen Abriß können Sie hier nachlesen.



 

Geschichte der Arbeiterwohlfahrt in Herzogenrath-Merkstein 

Die Jahre von 1923 bis 1973    

1923 ist das Gründungsjahr der Arbeiterwohlfahrt in Merkstein.

Zum 50jährigen Bestehen des Ortsvereins erschien 1973 eine Broschüre, die das Wirken der Arbeiterwohlfahrt in der ehemaligen Bergbaugemeinde beschrieb. Den geschichtlichen Abriss verfasste Ludwig Kahlen, der ehemalige Gemeindedirektor. (Zum Verständnis: Das Kürzel der Arbeiterwohlfahrt lautete damals AW, heute AWO.) Der von Ludwig Kahlen 1973 verfasste Text hat folgenden Wortlaut: 

Die Not stirbt nie aus. Das sehen wir heute im Zeichen der europäischen Wohlstandsgesellschaft am besten. Wer glaubt denn, oder wer empfindet noch, dass Zweidrittel der Menschen unserer Erde am Hungertuch nagen? Die Jüngeren unter uns können sich nicht mehr vorstellen, was Hunger ist. Dafür wissen die Älteren und Alten desto besser Bescheid. Sie haben einige Lektionen an Hunger und Elend über sich ergehen lassen müssen. Im Ersten Weltkrieg gab es 1917 hier den Steckrübenwinter. Die Menschen ernährten sich in der Hauptsache von Steckrüben. Und die hatten sie manchmal noch nicht in ausreichender Weise zur Verfügung. Das zog sich hin bis zur Währungsumstellung im Jahre1923. Oft war der Hunger so peinigend, dass die Menschen Lebensmittelgeschäfte stürm und das rationierte Brot plünderten. Oder sie zogen auf die Felder, wo sie unreife Kartoffeln und Getreide an sich rissen und nach Hause brachten. Hunderte Menschen plagte die Verzweiflung.

Dazu kam der Mangel an Kleidung und Bettwäsche. Zerlumpt und abgerissen liefen Kinder und Erwachsene herum. Was die Alten ablegten, mussten die Kinder in veränderter Form noch einmal tragen.  Hilfe von außen war kaum spürbar. Von moderner Sozialarbeit, wie sie heute von Sozialämtern und den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege geleistet wird, noch keine Spur. Die ersten, die nachdrückliche Hilfe brachten, waren die Amerikaner mit ihrer Schulspeisung, benannt nach den Quäkern, einer wohltätigen Organisation. 

Die Not brannte also den Menschen hier, vor allem in der Siedlung um den Adolfschacht herum, auf den Nägeln. Es waren alles „Zugereiste“ aus Sachsen, Bayern, Elsaß-Lothringen und noch vielen andereren Gegenden. Sie hatten noch keine Beziehungen zur bodenständigen Bevölkerung, die sicher hier und da von einem Bekannten oder Verwandten unterstützt wurde. Der Ortsverein der SPD in Merkstein, der 1919 gegründet wurde, sah dem nicht tatenlos zu. Er schaltete sich in die Bestrebungen anderer Kreise ein, die Not zu lindern. Nach der Währungsumstellung im Herbst 1923 regte die Parteispitze die Gründung eines Ortsvereins der Arbeiterwohlfahrt an. Dachorganisationen dieses Wohlfahrtsverbandes auf Bezirks- und Reisebene bestanden schon seit einiger Zeit. Die stabile Währung – während der Inflation verfiel das Geld in rasanter Weise – ermöglichte es, eine Hilfsorganisation aufzubauen, die die Not lindern helfen sollte. Das hat sie auch in diesem halben Jahrhundert in hervorragender Weise getan, wofür ihr besonderer Dank aller Menschen, gleich welcher Partei oder Weltanschauung, gebührt. Wilhelm Derichs war der Initiator. Wer Wilhelm Derichs war? Ein politischer Mensch auf jeden Fall. Schon 1919 betätigte er sich im damaligen Zentrum. Dann schwenkte er nach links um, weil er nach seiner Meinung nur in kompromissloser Sozialarbeit mithelfen konnte, die entsetzliche Not zu wenden. Er war auf der Grube Adolf als Arbeiter beschäftigt. Bei dem geringen Lohn als Übertagearbeiter und sechs Kindern war ihm keine Notlage unbekannt. Jahrelang war er in den zwanziger Jahren Beigeordneter und Dezernent des Sozialwesens. In diesem Ehrenposten ging er ganz auf. Die Menschen hatten Vertrauen zu ihm. Sie kamen in großer Anzahl mit ihren anliegen zu ihm in die Wohnung. Ist es da verwunderlich, dass auch die Arbeiterwohlfahrt in seiner Wohnung, Freiheitsstraße 67, gegründet wurde? Das geschah etwa Mitte Oktober 1923. 

Von den Gründern sind noch bekannt: Otto Reißmann und seine Frau Adele, Klara Hilbig geborene Howitz sowie Peter Jügel mit seiner Frau Emma.  Bis auf Klara Hilbig deckt schon alle der grüne Rasen. Klara Hilbig ist noch munter und gesund. Sie war die erste Kassiererin des Ortsvereins der Arbeiterwohlfahrt. Sie hat diesen Posten bis zur Auflösung aller gemeinnützigen Organisationen im Jahre 1933 bekleidet. Sie weiß heute noch zu erzählen, dass Wilhelm Derichs ihr als Grundstock der Kasse aus seiner Tasche 1,50 Reichsmark gab. Damals schon ein ansehnlicher  Betrag, wenn man bedenkt, dass der Tageslohn für Oberirdische zwischen fünf und sechs Rentenmark lag. Kurze Zeit nach der Gründung der Arbeiterwohlfahrt, also noch im Jahre 1923, trat ihr u. a. Ernst Penzel bei. Sicher gibt es noch viele Mitglieder der ersten stunde. Sie sind aber dem Gedächtnis der alten Freunde der AW entfallen. Das möge man gütigst entschuldigen, wenn der eine oder andere sich hier übergangen sieht. Das ist keine Absicht. Bei der Gründung der AW wurde Wilhelm Derichs zum Vorsitzenden gewählt. Nach einem Jahr musste er diesen Posten jedoch aufgeben, weil ihm seine politische Arbeit als Ratsmitglied und Beigeordneter sehr in Anspruch nahm. Sein Nachfolger wurde Otto Reißmann, ein Mann, der über Jahrzehnte dem Gedanken ehrenamtlicher Sozialarbeit treu gedient hat. Er war mit warmen herzen dabei. Bis zur Auflösung der AW durch die Nazis im Jahre 1933 behielt er den Posten des ersten Vorsitzenden. 

Es interessiert natürlich den Chronisten, was die Arbeiterwohlfahrt damals getan hat, das heißt kurz nach der Gründung und in den folgenden Jahren. Darüber hat der Verfasser die Mitbegründerin, Frau Klara Hilbig befragt. Sie sagt: „Wir hatten nicht Hände genug, die Not zu lindern. In enger Zusammenarbeit mit dem Arbeitersamariterbund, der unter Leitung von Franz Spachmann stand, bemühten wir uns, im Rahmen unserer bescheidenen Mittel nach besten Kräften zu helfen.  Wir stellten Haushaltshilfen, wo die Mutter krank war oder aus sonstigen gründen ausfiel; wir kümmerten uns um alleinstehende alte oder kranke Menschen. Eine Anzahl Frauen fertigte aus alten Sachen oder aus gespendetem Stoff in Nähstuben Kindersachen an. Das war eine wertvolle Hilfe für kinderreiche Familien. Die Nähstube  muss man sich aber allerdings nicht so großartig vorstellen. Wer eine Nähmaschine hatte, stellte sie in seinem Hause bereitwillig zur Verfügung. Trotz aller Not vergaßen wir auch die Geselligkeit nicht. In der Gemeinschaft Gleichgesinnter trägt sich alles leichter. In dieser Tätigkeit lagen die ersten Ansätze gezielter Altenbetreuung.“ 

Die ganze Arbeit der AW litt darunter, dass kein eigenes Heim zur Verfügung stand. Damit wurde es bald besser. Es war möglich, eine Baracke im jetzigen Freibadgelände aufzustellen.  Es herrschte bei dem Verfasser und auch bei anderen Personen der Eindruck vor, dieses Heim sei Eigentum der „Naturfreunde“ gewesen. Das hat jedoch Willy Meschwitz, ehemaliger Schichtmeister der Grube Adolf widerlegt. Er schrieb dem ersten Vorsitzenden der AW, Fred Prast, folgendes: „Die AW konnte in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg ihre Aufgabe nur vernünftig erfüllen, wenn sie eine geeignete Tagesstätte besaß. Sie zu bekommen, war jedoch nicht so einfach. Erst als der Bezirk Mittelrhein der SPD von der Besatzungsmacht einige Wohnbaracken kaufen konnte, war es durch Initiative des Ortsvereins der SPD möglich, eine solche Unterkunft nach Merkstein zu bekommen. Natürlich konnte die AW eine solche Baracke nicht aus Eigenmitteln erwerben. Sie war auf die Hilfe der Partei, der Gewerkschaften und der Gemeinde angewiesen. Darüber hinaus war es erforderlich, das nötige Gelände zur Verfügung zu stellen und alle mit der Aufstellung und der Unterhaltung der Baracke verbundenen Arbeiten in Eigenleistung zu erbringen. Die Bauarbeiten für die Baracke, wie überhaupt die ganze Aktion stand unter der Leitung von Wilhelm Derichs. In der Böschung des jetzigen Freibadgeländes waren riesige Erdarbeiten per Hand zu bewältigen. In wochenlangem freiwilligem Arbeitsdienst der Jugend wurde hier Platz für die Fundamente der Unterkunft geschaffen. Als es dann endlich geschafft war, konnte das Heim in der Anwesenheit der Partei, der AW, der Sozialistischen Jugend, der Vertreter der Gewerkschaften, der „Naturfreunde“ und der Gemeinde seiner Bestimmung übergeben werden. Bürgermeister Eduard Voß war auch unter den Gratulanten bei der Einweihung. Es war ein Hort für die Arbeiterwohlfahrt aber auch für Jugend entstanden, deren soziale Arbeit sich nun voll entfalten konnte. Aber auch die Organisationen der Partei und der Gewerkschaften waren froh, nunmehr über eigene Räume verfügen zu können. 

Das Glück dauerte aber nicht lange. Bei der NS-Machtübernahme ging das Heim auf die HJ (Hitler-Jugend) über. Wir mussten ohnmächtig zusehen, wie das einst so schmucke Heim dem Verfall ausgesetzt war. Eines Tages brannte die Baracke ab. Brandursache unbekannt. Ein Abschnitt der Arbeiterbewegung, der vieles bedeutet hatte, gehörte der Vergangenheit an. Die guten Erfahrungen, die damals mit diesem Heim gemacht worden waren, ließen nach 1946, als die Arbeit der AW wieder aufgenommen werden konnte, den Plan aufkeimen, bei Zweifall ein Zeltlager für die Jugend zu errichten. Dieses Zeltlager, das Wochen dauern sollte, hatte den Zweck, gesundheitlich angeschlagenen Jugendlichen Erholung zu verschaffen und ihnen nach den bitteren Erfahrungen und dem Missbrauch der Jugend im Dritten Reich den Sinn demokratischer Selbstverwaltung näher zu bringen.    

Das Lager war ein voller Erfolg. Zeitungen, öffentliche Dienststellen und Ärzte sprachen sich sehr lobend über die Einrichtung aus. Das war für Otto Reißmann und seinen Helfern eine wohltuende Anerkennung für die fürsorgerische Jugendarbeit.“ Soweit Willy Meschwitz. Nach dem Intermezzo des Dritten Reichesnahm die Arbeiterwohlfahrt 1945 ihre Arbeit wieder auf Über die Auflösung der AW im Dritten Reich sind Vorgänge nicht mehr vorhanden. Geld haben die „Rechtsnachfolger“ jedoch nicht geerbt. Dafür hatte Markus Durst, der damals Kassierer war gesorgt, gesorgt. Sonstiges Vermögen hatte die AW nicht. Die caritativen Verbände wurden durch die Einheitsorganisation NS-Volkswohlfahrt ersetzt. Jede organisierte Tätigkeit außerhalb dieser Organisation war verboten. Im Oktober 1945, nach dem totalen Zusammenbruch des Dritten Reiches, konnte die Arbeit der AW wieder aufgenommen werden. Initiator war wiederum der Ortsverein der SPD. Fritz Preiß wurde mit der Aufrichtung der AW betraut.

Wiederum fand die erste Zusammenkunft im Hause Derichs statt, die mittlerweile zur Goethestraße umgezogen waren. Die äußeren Umstände glichen denen nach dem Ersten Weltkrieg. Nur dass jetzt noch durch Kriegszerstörungen und Flüchtlinge eine krasse Wohnungsnot hinzukam. Ansonsten wieder Hunger, Mangel an Kleidung und Bettwäsche und allen sonstigen Gegenständen des täglichen Bedarfs. Die Zeit ist vielen noch in bester Erinnerung. Erst nach der Währungsreform am 20. Juni 1948, als der Herrgott DM (Deutsche Mark) geschaffen wurde, ging es wieder aufwärts. In dieser Situation nach dem Zweiten Weltkrieg war also Hilfe brennend nötig. Deshalb ging die Arbeiterwohlfahrt nach ihrer Neugründung mit Energie und Tatkraft an die Arbeit. Vorsitzender wurde Fritz Preiß. Ihm zur Seite standen die alten, erfahrenen Helfer. So als Kassierer bis 1950 Frau Änne Demmler. Ihr folgte Ernst Penzel, der sich mit großem Einsatz dieser Aufgabe gewidmet hat. Die dringendsten Aufgaben dieser Zeit waren: Hilfe bei der Schulspeisung, Familienhilfe, Krankenbetreuung, Altenhilfe, Aufteilung der Care-Pakete und Weiterleitung des Inhalts an Bedürftige, finanzielle Unterstützung Hilfsbedürftiger. 

Die Jugendbetreuung stand bei diesen aktuellen Problemen noch etwas im Hintergrund. Aber nicht lange. Alfred Prast, Mitglied der AW und Vorsitzender der SPD Merkstein, regte den Bau eines AW-Heimes an, das auch der Jugend als Freizeitheim zur Verfügung stehen könne. Unter seinem Vorsitz trafen sich die Mitglieder der Arbeiterwohlfahrt und der SPD im Hause Reißmann, Stresemannstraße, damals noch Ebertstraße geheißen, um diesen Vorschlag zu diskutieren und Beschlüsse zu fassen. Fritz Preiß bekam als Baufachmann den Auftrag, einen Bauplan zu erstellen. Alfred Prast wurde mit der Finanzierung des Projektes beauftragt. „Woher nehmen und nicht stehlen“ war zunächst die Frage. Der Gedanke verschwand jedoch nicht mehr aus der Diskussion der Verantwortlichen. In zäher Arbeit war es 1951 gelungen, das jetzige Heim der AW am Buschhofer Weg seiner Bestimmung zu übergeben. 

Nun hatte die AW und die zahlreichen Jugendorganisationen, besonders die „Naturfreunde“ und die Gewerkschaftsjugend, wieder eine Heimstatt. Sie war nicht mehr auf Wirtschaften angewiesen. Das gab der Jugend- und Sozialarbeit einen ungeahnten Auftrieb. Vor allem war es jetzt möglich, die Altenbetreuung durch Altennachmittage und eine Altentagesstätte zu intensivieren. In der Mitgliederversammlung vom 16.März 1958 gab Fritz Preiß bekannt, dass der Vorstand wegen Alters oder anderweitiger Belastung zurückträte.  Der neue Vorstand sah in der Spitze wie folgt aus: Erster Vorsitzender: Alfred PrastErster Kassierer: Gertrud Kämpfe Den Frauenkreis übernahm Wally Wagner, Tochter des ehemaligen Vorsitzenden Otto Reißmann. Zusammen mit Else Penzel und Emmi Schimpf hat sie sich jahrelang große Verdienste um die Frauennachmittage erworben. Besondere Anerkennung muss jedoch dem ersten Vorsitzenden Alfred Prast ausgesprochen werden, der seit 15 Jahren entscheidend für die Belange der Arbeiterwohlfahrt in Merkstein tätig ist. Bei der AW gibt es nichts zu verdienen. Es gilt nur zu dienen. Wer sich wie Alfred Prast 15 Jahre lang die Sorge für die Unterhaltung und Betriebskosten eines solchen AW-Heimes auflädt, muss schon von der sozialen Betreuung der Menschen begeistert sein. Heute mag das einfacher sein, weil die Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln reichlicher fließen.

 Aber es hat Zeiten gegeben, wo Alfred Prast und sein Vorstand nicht wussten, ob sie den Winter das Heim offenhalten konnten. Die Heizungskosten waren aus eigenen Mitteln nicht zu decken. Es muss also klar herausgestellt werden, dass Alfred Prast sich hier groß bewährt hat und dass ihm besonderer Dank für seine Arbeit gebührt. Die Arbeit der AW ist auch in der heutigen Zeit nicht überflüssig. Wohlstand bedeutet nicht Wohlbefinden. Dazu gehört z. B. auch der gesellschaftliche Kontakt. Die AW ist hier für viele Menschen der Dreh- und Angelpunkt. Schließlich gibt es in manchen Familien noch große Not. An anderer Stelle dieser Schrift wird über die derzeitige Arbeit der AW berichtet. 

Ein großer Mitgliederstamm unterstützt heute durch einen Monatsbeitrag die AW. Fassen wir zusammen: 50 Jahre lang bemüht sich die eine caritative Organisation, getragen von ehrenamtlichen Helfern, menschliche Not zu wenden. Das ist ein Ereignis, an dem niemand, dem es mit dem öffentlichen Wohl ernst ist, vorbeigehen kann. Möge die AW auch in Zukunft ihre segensreiche Arbeit fortsetzen können. 

(Soweit die Betrachtung durch Ludwig Kahlen.)   

Die Festschrift aus dem Jahr 1973 enthält darüber hinaus einen 

Rückblick über die letzten 13 Jahre (1960 bis 1973)

In der Chronik wird für die Zeit von 1960 bis 1973 festgehalten: 

Um Ihnen, liebe Freunde, ein Bild unserer geleisteten Arbeit geben zu können, müssen wir eine Rückschau halten. Fangen wir mit dem Jahr 1960 an. In dem Jahr, in dem der Ortsverein erstmalig in größerem Maße in die überörtlichen Maßnahmen eingriff. Die Merksteiner AW zählte zur damaligen Zeit 448 Mitglieder laut abgerechneten Beitragsmarken mit einem Zahlwert von 0,50 DM je Monat. Da ja die Hälfte des Beitragsaufkommens an Bezirk und Kreis abgeführt werden muss, blieb dem Ortsverein nur ein recht kleiner Teil dieses Geldes zur Erfüllung seiner Aufgaben. Aber schon in diesem Jahr gab es für einen besonders bedürftigen Personenkreis Beihilfen durch den Ortsverband.  Mit einem bewährten Helferteam nahmen 48 Kinder an der Ferienmaßnahme in den Alpen teil. Kurteilnehmer waren drei Personen. Die Mitgliederzahl stieg durch 57 Neuaufnahmen auf 505. Im Jahre 1961 wurde durch die Bundeskonferenz beschlossen, den Beitrag auf 1,00 DM zu erhöhen. Die Leistungen stiegen durch die Erhöhung gewaltig an.  

Der Kreisverband, der zur damaligen Zeit 14 Ortsvereine hatte, plante, ein eigenes Kur- und Erholungsheim zu schaffen. Dank der Rührigkeit des Kreisvorsitzenden wurde dieser Plan in die Wirklichkeit umgesetzt. Das kreiseigene Heim in Rott, wo in jedem Jahr Erholungsmaßnahmen für alte Menschen durchgeführt werden, ist sehr vielen Merksteiner Bürgern in guter Erinnerung. In diesem Jahr wurden auch die ersten Mütterkuren der Elly-Heuss-Knapp-Stiftung durchgeführt. Besonders aber für unsere Kinder wurde wieder viel getan. Ein Ferienlager in Wuppertal wurde mit 52 Kindern beschickt. Altbewährte Helfer, Familie Liebrich, Frau Kretschmer und Frau Scholz leiteten das Lagerleben. Erstmalig konnten wir für unsere Kinder das Merksteiner Kino „Capitol“ für einen Märchenfilm gewinnen. Einmal eine willkommene Abwechslung, da in den vergangenen Jahren nur Vorstellungen im Stadttheater Aachen waren. Wenn man geglaubt hatte, durch die Erhöhung des Beitrages eine Stagnation zu bekommen, so irrte man. Wenn auch durch Tod einige Mitglieder ausschieden, konnte man am Jahresende 543 Mitglieder zählen. Eine Weihnachtsgabe für bedürftige Mitglieder war schon zur Selbstverständlichkeit geworden. Es handelte sich hierbei um ein kleines Geld- oder Sachgeschenk. Das Jahr 1963 konnte für den Kreis sowie für den Ortsverein als eines der erfolgreichsten bezeichnet werden. Erstmalig konnten Familienferien durchgeführt werden. Mit Zugabe von Landes-, Stadt- oder Gemeindemitteln konnten Familien erstmals mit ihren Kindern Ferien verleben. Wenn auch diese Aktion erst zögernd aufgenommen wurde, konnten sie in den folgenden Jahren sehr aktiviert werden.In dem Leistungsbericht des Kreises Aachen kann es nachgelesen werden. Seit zehn Jahren ist der Name Königshoven / Im Grabfeld sowie Sulzfeld für die AW-Freunde im Aachener Land ein Begriff und eine gute Erinnerung geworden. Nach Inkrafttreten des neuen Sozialhilfegesetzes wurden den freien Verbänden große soziale Aufgaben übertragen. Viele Kuren und Erholungsmaßnahmen, die sonst die Sozialämter der Kreise und Gemeinden abgewickelt hatten, wurden den freien Verbänden übertragen. 

Wenn man bedenkt, dass dies nur ehrenamtliche Mitarbeiter tun, kam auf die einzelnen Ortsvereine eine erhebliche Mehrarbeit zu. Würde in den einzelnen Ortsvereinen nicht die Mitarbeit gerade auf diesem Gebiet so stark aktiviert, könnten nicht, wie im Bericht des Kreises erwähnt, diese Erfolge verzeichnet werden. Wenn wir die nachfolgenden Jahre weiter verfolgen, können wir mit gutem recht behaupten, dass unsere Arbeit und unsere Leistungen von Jahr zu Jahr gesteigert wurden und dass wir immer erfolgreicher wurden. Sicher werden viele von Ihnen wissen, dass der Ortsverein Merkstein seit vielen Jahren ein Zupforchester hat. 24 konzertreife Spieler und viele Anfänger bilden ein Orchester, das sich großer Beliebtheit – auch über den örtlichen Rahmen hinaus – erfreut. 

Der Frauensingkreis der AW, der schon des öfteren in Veranstaltungen am Ort und in der weiteren Umgebung auftrat, ist sehr beliebt. Ein Höhepunkt des Singkreises ist die Einladung zu mehreren Konzerten  in der alten Hauptstadt Berlin im Herbst dieses Jahres. Ein anderes Gebiet sind unsere seit 27 Jahren regelmäßig alle 14 Tage stattfindenden  Frauennachmittage im Jugendheim am Buschhofer Weg. Ein in den Jahren erprobtes Team findet immer wieder neue Einfälle, um diese Stunden unterhaltsam und interessant zu machen. Dass das der Fall ist, beweist die stets steigende Zahl der Teilnehmer. Waren es vor Jahren nur 40 bis 50 Personen, hat man jetzt, besonders bei Sondernachmittagen wie Karneval, Weinfest, Weihnachtsfeier, alle Mühe, die Teilnehmer im großen Saal unterzubringen. Wenn auch böse Zungen immer wieder behaupten, hier würde das von der Arbeiterwohlfahrt Geld vertan, so stimmt das nicht. An dieser Stelle sei allen Mitgliedern und all denen, die es gerne wissen wollen, gesagt: In den Nachmittagen wird von diesen Geldern nichts verwandt! Jeder Teilnehmer bezahlt ein gewisses Entgelt.  Die Geburtstagskinder spendieren Kuchen und Gebäck. Kaffee wird von dem Teilnehmerbeitrag und durch Spenden beschafft. Wer es nicht glauben will, ist gerne zu den Heimnachmittagen eingeladen. Die Leitung der Heimnachmittage, Frau Elsa Penzel, Wally Wagner und Emmy Schimpf, würde sich bestimmt freuen. 

In den letzten Jahren wurde auf dem Gebiet der Familienferien besonders viel getan. Da aber jeder Ortsverein  nur eine begrenzte Anzahl Familien verschicken kann, ist es angebracht, sich schon im ersten Monat des Jahres im Jugendheim zu melden. Unser Sachbearbeiter Heinrich Ender wird  Sie gerne beraten.  Bei den Kinderferien muss genauer verfahren werden, denn hier ist es das gleiche. Die zur Verfügung stehenden Plätze werden durch den Kreisverband anteilmäßig vergeben. Da die Einrichtungen der AW stetig wachsen, die Zahl derer, die durch die freien Wohlfahrtsverbände betreut werden, immer größer wird, wurde der Beitrag auf Beschluss der Bundeskonferenz im vergangen Jahr auf 2,00 DM angehoben. Die Befürchtung, durch diese Erhöhung viele Mitglieder zu verlieren, hat sich nicht bewahrheitet. Der Ortsverein Merkstein der Arbeiterwohlfahrt kann stolz auf seinetreuen Anhänger sein. Mit seinen 743 Mitgliedern ist er nicht nur der größte im Bezirk Aachen-Land, sondern der an Mitgliedern größte im Bezirk Mittelrhein. Durch die Festschrift zum 50jährigen Bestehen, die nicht nur an mitglieder, sondern auch breiten Kreisen des Ortsteils Merkstein überreicht wird, erhoffen wir uns einen noch regeren Zuspruch an neuen Mitgliedern. 

>>> Soweit die Beschreibung aus der Festschrift zum 50jährigen Bestehen des AW-Ortsvereins Merkstein, die im Jubiläumsjahr 1973 erschien und einen Einblick in die Historie des AWO-Ortsvereins Merkstein gibt.